Donnerstag, 3. Dezember 2009

Kihnu und Ruhnu, Inseln für die Seele


Lange ist es her, dass ich hier etwas geschrieben habe. Ausreden für diese Schreibfaulheit gibt es genügend, aber die Wichtigste war der Erwerb eines eigenen Bootes, einer Friendship 22 Baujahr 1982. Damit war plötzlich die Zeit sehr knapp, man kann ruhig sagen, sie war ausgebucht. Jetzt steht Snoopy im Winterlager, hoch und trocken und ich treffe eine Menge Vorbereitungen für die Saison 2010. Doch zuerst wird hier wieder weitergeschrieben, um die Reise abzuschließen und dann über das neue eigene Boot berichten zu können.
Die Fahrt nach Kihnu startete – wie schon langsam usus – nach einem ausgiebigen Frühstück und Studium der Papierlage erst am Mittag. Damit war wieder eine Ankunft im Dunkeln gesichert.

Die Ansteuerung des Hafens von Kihnu war etwas verzwickt, da es vor kurzem erst eine Verlegung der Ansteuerungstonne gegeben hatte. Diese war in meiner Navionics Karte fürs iPhone schon enthalten, jedoch auf der in Tallinn gekauften Papierkarte noch als händisch geänderter Nachtrag. Aber alles war i.O., denn durch diese Änderung der Ansteuerung wurde ein knapp unter der Wasseroberfläche liegender Felsen im Vorfeld des Hafens sauber umschifft.Ich hatte wieder alles schön im iPhone mit Wegpunkten geplant und das machte es mir wesentlich einfacher die Fahrt zu verfolgen.
Kihnu, wir liefen um 22:30 Uhr in den Hafen ein. Ausser uns nur noch ein estnisches Boot und sonst empfing uns Stille. Diese Stille und Ruhe begleitete uns auch die nächsten Tage bis zum Auslaufen zur Nachtfahrt nach Riga. Kihnu ist eine Insel, die heute von ca. 700 Menschen ganzjährig bewohnt wird. Wie wir im Inselmuseum sehen konnten, war früher der Robbenfang ein Haupterwerb der Bewohner und die Bilder von Demselben im Winter waren beeindruckend.
Wir erwanderten die Insel in mehreren Stunden, denn die vier Dörfer liegen nah beieinander. Die Hauptstrasse Fährhafen zum Hauptdorf ist geteert, die restlichen Strassen sind ordentliche Sandstrassen. Uns begegneten während des vierstündigen Inselrundganges ca. 6 Autos, eines dreimal ;-) .
Es gibt einen Kaufladen mit dem Notwendigsten. Sonst versorgen sich die Insulaner sicherlich über die Fährverbindung auf dem Festland. Heutiger Haupterwerb ist die Landwirtschaft und verstärkt auch der Tourismus. Wir sahen bereits mehrfach Neubauten oder Umbauten als Ferienwohnungen.
Nach zwei Nächten auf Kihnu ging es weiter hinein in die Rigabucht, zur Insel Ruhnu. Die Überfahrt war eine Dreiwettertaft-Angelegenheit: Wind, Sonne und Flaute mit Fata Morgana-Symtomen.

Wir setzten einen Bullenstander und segelten a la Passatroute über die Rigabucht dem Abend entgegen. Ich fühlte mich einfach nur gut und genoss diese Reise in vollen Zügen.Nach dieser Trägheit, die uns doch zum Diesel greifen ließ kam ein kurzer Regenschauer und dann ein schöner Wind, der uns bis nach Ruhnu brachte.

Passatsegeln in der Rigabucht
In Ruhnu angekommen wurden wir vom Hafenmeister zu unserem Liegeplatz gelotst. Auch die Leinen wurden abgenommen und nachgefragt ob der Landanschluss funktioniert und wie wir Wasser tanken können. Offenes WLAN gibt es unter …. und das Hafen-Restaurant hat geöffnet ab. Boooohhhh, Service ist in. Da mussten wir doch glatt zwei Nächte bleiben und die Fahrräder für den folgenden Tag gleich reservieren.
Das Restaurant zauberte gutes Essen zu estnischen Niedrigpreisen.
Und wieder umarmte uns die Ruhe der Insel als wir am nächsten Morgen mit den Fahrrädern zu unserer Inseltour aufbrachen.

Innenraum der ältesten Holzkirche Estlands von 1644
Ein absolutes Muss für Ruhnubesucher ist die Holzkirche aus 1644. Man kann sie ohne Anmeldung besuchen und sollte sich dort auch mal eine längere Zeit aufhalten. Dann kommt die Zeit von damals zu Besuch und man sieht all die Kleinigkeiten und Inschriften.
Alle Schweden, die ursprünglich ja die Einwohner von Ruhnu waren, sind bei Einmarsch der Russen im Jahr 1944 nach Schweden ausgewandert. Das war das Ende der Jahrhunderte dauernden Schwedenzeit.
Heute leben auf Ruhnu ca. 80 Esten, und nur die dürfen ein Auto bewegen. Touristen müssen per pedes, Fahrrad oder mit dem Ringbus fahren.
Die Ruhe hatte uns wieder. ;-)
Nach zwei Nächten ging es weiter nach Riga und leider war für mich dort das Ende der Reise gekommen.